"Machen sich dieses System zunutze" CDU-Chef Merz wirft Ukraine-Flüchtenden "Sozialtourismus" vor

Dienstag, 27.09.2022, 08:44

Michael Kappeler/dpa
CDU-Chef Friedrich Merz nimmt am Bundesparteitag teil.

Das Wichtigste

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz hat den "Sozialtourismus" ukrainischer Flüchtender kritisiert. Im Gespräch mit "Bild TV" monierte er: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge - nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine." Eine größere Zahl dieser Schutzsuchenden würde sich "dieses System zunutze machen." Der Oppositionsführer wies darauf hin, dass seine Partei bereits im Frühjahr auf dieses Problem hingewiesen hätte. Die Ampel-Koalition hätte sich jedoch "taub gestellt".

Stattdessen werbe die Ampel nun darum, dass "jeder nach Deutschland kommen kann, der möchte". Die Zahl der Migranten müsse nach Ansicht von Merz jedoch begrenzt werden. "Das löst Spannungen aus, die wir uns in dieser Situation gerne sparen würden", so der CDU-Chef.

"Schäbig", "Beschämend": Merz erntet harte Kritik für seine Wortwahl

Merz' Äußerung zog harsche Kritik auf sich: Die SPD-Bundestagsabgeordnete Derya Türk-Nachbaur schrieb auf Twitter: Geheuchelte Solidarität mit den Opfern eines Angriffskriegs enttarnt sich schnell mit unterirdischer Wortwahl wie "Sozialtourismus". Beschämend."

Britta Haßelmann, die Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Bundestag, nannte die Merz-Aussage ebenfalls "beschämend" und ergänzte: Sich durch die Abwertung anderer Menschen profilieren zu wollen ist ein Instrument zu dem Rechtspopulisten regelmäßig greifen. Das weiß auch Friedrich Merz. Ihm scheint jedes Mittel recht zur Eigenprofilierung."

AfD begrüßt Merz-Aussage - Juso-Chefin nennt sie "eklig und unanständig"

Währenddessen freut sich die AfD. Götz Frömming, der parlamentarische Geschäftsführer der AfD, postete auf Twitter: "Gestern noch AfD-Verschwörungstheorie, heute CDU-Position #AfDwirkt".

Der bayerische Grünen-Chef Thomas von Sarnowski antwortete auf die Wortwahl von Merz: "Damit schwenkt er kurz vor der Niedersachsen-Wahl vollends auf harten Rechtspopulismus ein - auf dem Rücken von Menschen, die vor dem Krieg fliehen. Wie schäbig!"

Die Bundesvorsitzende der Jusos, Jessica Rosenthal, schrieb: "Billige Profilierung ohne moralischen Kompass - das habe ich mal mit einer Partei verbunden, die rechts neben der Union sitzt." Merz zeige, dass es Solidarität mit der Ukraine für die Partei nur so lange gebe, wie es der eigenen Profilierung dient. "Eklig und unanständig."

Grünen-Chefin Ricarda Lang fragte auf Twitter, wie es "eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammenpasst", dass Merz hier von "Sozialtourismus" spreche.

Merz selbst veröffentlichte den Ausschnitt aus dem Interview am Dienstagmorgen erneut. Eine Erklärung seiner Aussage oder eine Reaktion auf die Kritik erfolgte nicht.

CDU-Vorsitzender Merz warnt auch vor Erstarken rechter Parteien

Merz warnte gleichzeitig mit Blick auf den Wahlsieg des Rechtsbündnisses in Italien davor, wozu mit der Regierung unzufriedene Bürger fähig seien. Auch in Deutschland würden rechte Parteien stärker werden - nicht nur im Osten, auch im Westen. In Niedersachsen erreiche die AfD sogar langsam zweistellige Werte. "Das sollte ein Warnzeichen sein", so der CDU-Chef.

Weiterhin zählte Merz auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seine geringe Präsenz und Auskunftswilligkeit an. "Wo ist der eigentlich, hat der auch eine Meinung?", fragte der Oppositionführer. Auch mit Corona-Erkrankung könne sich der Kanzler zu Wort melden. Zudem gelinge es Scholz nicht, die Regierung und die Bevölkerung zusammenzuhalten. "Das ist eine Krise der Regierung", so Merz.


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